Individualverkehr pro und contra

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Jeder Mensch hat einen sogenannten Lebensmittelpunkt. Einen Ort, an dem er den Großteil seines Lebens verbringt. Wo er isst, schläft und seine Freizeit verbringt. Neben diesem Wohnort gibt es aber auch viele andere Orte, an denen man sich mehr, oder weniger regelmäßig aufhält. So gibt es die Arbeitsstätte, man geht zum Sport, trifft Bekannte und Verwandte in deren Wohnungen, oder in Restaurants, Bars und Discos. Außerdem muss man regelmäßig Besorgungen erledigen. Neben dem Shoppen nimmt man auch Dienstleistungen, wie den regelmäßigen Gang zum Friseur, oder die medizinische Versorgung bei unterschiedlichen Ärzten in Anspruch. Nimmt man alle Verkehrsmittel zusammen, umrundet jeder Deutsche etwa viermal pro Jahr ganz Deutschland entlang der Grenze. Mit durchschnittlich 11.400 km, die der Bundesbürger pro Jahr im Schnitt mit dem Auto zurücklegt, liegt er über dem EU-Durchschnitt. Das Fahrrad wird nur von etwa einem Drittel der Deutschen regelmäßig genützt. Öffentliche Verkehrsmittel liegen mit 6 % Bahn, 4 % Bus und 1 % Tram weit abgeschlagen hinter dem PKW, der den motorisierten Personenverkehr in Deutschland mit 89 % deutlich dominiert. Von A nach B mit dem eigenen Fahrzeug zu fahren, ist für den Großteil der Deutschen also eine absolute Selbstverständlichkeit. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels ist es einfach, das zu verurteilen. Aber es gibt auch beim Individualverkehr pro und contra und nicht jede Form der individuellen Fortbewegung ist zu verurteilen.

Individualverkehr

Man unterscheidet zwischen dem öffentlichen Verkehr und dem Individualverkehr. Der öffentliche Verkehr besteht aus Bus, Bahn und Flugzeug und bringt große Ersparnisse, da sehr viele Menschen gleichzeitig bewegt werden. Das österreichische Umweltbundesamt hat den CO₂-Ausstoß pro Person und Kilometer für die unterschiedlichen Verkehrsmittel verglichen. Ein Kilometer mit der Bahn verursacht pro Passagier etwa 14,4 Gramm CO₂. Der Bus liegt bei 51,3 Gramm und das Flugzeug bei 426,2 Gramm CO₂ pro Kilometer und Passagier. Mit eingerechnet wurden hier nicht nur die Emissionen, die bei der Fahrt, oder dem Flug direkt ausgestoßen werden, sondern auch die bei der Herstellung des Verkehrsmittels, oder der für den Betrieb erforderlichen Infrastruktur angefallenen Kohlendioxidbelastungen. Bei den Autos unterscheidet die Auswertung zwischen Elektrofahrzeugen und solchen mit Verbrennungsmotoren. Wie bei der Bahn liegt der direkte CO₂-Ausstoß beim Elektroauto bei null. Dafür wird für die Herstellung des Fahrzeugs und die Stromerzeugung von 95,9 Gramm pro Personenkilometer ausgegangen. Damit liegt das Elektroauto bereits beim 6,6-fachen der Bahn und etwa doppelt so hoch, wie der Bus. Der Diesel- oder Benzin-betriebene PKW liegt mit 216,5 Gramm beim 15-fachen Wert der Bahn. Noch umweltschädlicher ist nur noch das Flugzeug.

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Die Bahn hat nicht den besten Ruf. Klar ist aber, dass die CO₂-Bilanz ungeschlagen ist und auch die Kosten überzeugen

Verbrennermotoren

Der Anteil der Elektroautos in Deutschland lag 2021 bei 1,2 %. Ein überwältigender Großteil der 48,5 Millionen Personenkraftwagen fährt also noch mit Diesel und Benzin. Dabei ist ein Verbrennermotor alles andere, als effizient. Lediglich 20 % der frei werdenden Energie wird für die Fortbewegung eingesetzt. Die restlichen 80 % verpuffen ungenutzt als Wärme und bedingen aufwändige Kühlsysteme, um den Motor vor einer Überhitzung zu schützen. Zusammen mit der Energie, die aufgewendet werden muss, bis der Kraftstoff im Tank ist, ist die Energieausbeute lächerlich niedrig und der Einsatz von Verbrennermotoren ineffizient. Bei den Elektrofahrzeugen fließen 80 % der Energie in die Bewegung und lediglich 20 % verpuffen ungenutzt. Eine weit bessere Quote. Dass das Elektroauto aus Sicht der Umwelt die besser Wahl ist, ist aber wohl nichts Neues. Ob man mit dem Elektroauto, oder dem Verbrenner unterwegs ist macht aber nicht wirklich viel Unterschied. Die Frage ist, ob man überhaupt am Individualverkehr teilnimmt, oder gleich auf öffentliche Verkehrsmittel setzt. Verzichtet man auf das eigene Auto und steigt auf Bahn und Bus um, spart man CO₂ und schont damit die Umwelt. Gleichzeitig kann man aber auch Geld sparen.

Individualverkehr pro und contra

Die Idee hinter dem Individualverkehr ist Unabhängigkeit und Flexibilität. Man kann, wann auch immer, wohin auch immer fahren. Dabei hat man zusätzlich die Möglichkeit, sehr viel Material mitzuführen. Von Bahnstreiks, Zugausfällen und Verspätungen ist man grundsätzlich unabhängig. Auch muss man nicht auf einen Fahrplan Rücksicht nehmen. Die Vorteile des Individualverkehrs sind also:

  • Flexibilität zeitlich und örtlich
  • Unabhängigkeit von Fahrplänen, Verfügbarkeit
  • Direktverbindung bis zum Ziel
  • Großes Ladevolumen

Ideal ist der Individualverkehr also, wenn man mehrere, nicht exakt planbare Stopps absolvieren möchte und dazu viel Material benötigt. Ist man etwa als Monteur unterwegs, dann kann man nicht wirklich mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisen. Die Stationen sind morgens noch nicht klar und immer wieder kann es zu Notfällen kommen, auf die man rasch reagieren muss. Außerdem haben Monteure eine Werkstatt und ein Ersatzteillager im Fahrzeug.

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Das Auto ist für viele Menschen heute ein Statussymbol und Spielzeug. Betrachtet man die Zahlen nüchtern, ist es ein sehr teures Vergnügen

Nachteile

Der Individualverkehr bringt die größtmögliche Flexibilität. Allerdings hat er auch massive Nachteile. So kostet ein Kilometer mit dem Auto zwischen 60 und 90 Cent, berücksichtigt man alle Kosten. Bei 15.000 km Jahresleistung sind das immerhin zwischen 9.000 und 13.500 €. Die Bahncard 100 kostet im Vergleich dazu etwa 4.200 € pro Jahr, also weniger als die Hälfte. Außerdem trägt man mit dem Besitz des Fahrzeugs auch das volle Risiko. Fällt das Auto aus, muss man sich selbst um Ersatz bemühen. Neben der Anschaffung und dem Betrieb entstehen auch noch Kosten für das Parken. Die Nachteile des Individualverkehrs sind also:

  • 2-3 fache Kosten
  • Verantwortung für Wartung und Reparatur
  • Kosten für das Parken
  • Hohe Abhängigkeit von der Verkehrslage

Wer also planbare Fahrten absolviert und dabei nicht mehr, als Handgepäck mit sich führt, fährt im öffentlichen Verkehr deutlich besser. Allerdings trifft das nur auf den motorisierten Individualverkehr zu.

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Das Fahrrad als Fahrzeug für den Individualverkehr hält uns fit und ermöglicht Mobilität zu geringen Kosten

Das Fahrrad

Eine echte Alternative zum Auto, zumindest bei Entfernungen unter 20 km, ist das Fahrrad. Es bringt auf der Kurzstrecke alle Vorteile des PKW, verursacht aber einen Bruchteil der Kosten. Mit passender Kleidung lässt es sich bei fast jedem Wetter nutzen. Fahrradtaschen sorgen für ausreichend Platz, um Einkäufe zu erledigen, oder Unterlagen mitzunehmen. Fahrradanhänger und Kindersitze ermöglichen den Transport der Kinder und die regelmäßige Bewegung wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus. Allerdings stößt man mit dem Fahrrad auch rasch an seine Grenzen. Die Transportkapazität ist genauso begrenzt, wie die Geschwindigkeit und damit die Reichweite. Organisiert man sein Leben aber entsprechend und macht beispielsweise mehrere, kleinere Einkäufe, dann ist das Fahrrad eine echte Alternative zum eigenen Auto. Ergänzt man den persönlichen Individualverkehr um ein Car-Sharing Programm, oder eine andere Möglichkeit sich für längere Fahrten und größere Transporte ein Auto auszuleihen, gibt es nichts, auf das man verzichten muss.

TCO – Total Cost of Ownership

Berechnet man die Kosten für ein Leben, in dem man im Individualverkehr die 15.500 km pro Jahr mit dem Auto zurücklegt, ergeben sich folgende Beträge:

  • 2.000 € – Führerschein
  • 697.500 € – 60 Jahre x 15.500 km x 75 Cent pro Kilometer
  • 1.536 € – 60 Jahre x 25,60 € Bußgelder
  • 50.400 € – 60 Jahre x 70 € / Monat Parkplatzmiete

Gesamt kostet uns der Individualverkehr mit dem Auto also 751.436. Das sind etwa 12.525 € pro Jahr oder 1.050 € pro Monat. Legt man das Geld mit 2 % Verzinsung an und spart pro Monat 1.050 € an, ergibt das nach 60 Jahren ein Vermögen von 1.460.000 €.

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Tesla führt die Verkaufszahlen an. Andere Hersteller holen auf. Bei den Kosten pro Kilometer kann das Elektroauto aber kaum punkten. In der CO₂-Bilanz sieht es aber deutlich besser aus, als Verbrennerfahrzeuge

Das Leben bereichern

Selbst wenn man die Bahncard mit 4.200 jährlich abzieht, bleiben ohne Zins und Zinseszins fast 500.000 € übrig. Geld, das man in Urlaube, Genuss, Hobby, die Ausbildung der Kinder, oder jedes andere sinnvolle Projekt stecken kann. Gleichzeitig spart man in einem Leben ohne Auto bis zu 188 Tonnen CO₂ und reduziert damit den persönlichen CO₂-Fußabdruck enorm. Legt man einen Großteil der Wege öffentlich, oder mit dem Fahrrad zurück, gewinnt man außerdem Lebensqualität. Statt angespannt und weitgehend bewegungslos hinter dem Lenkrad zu sitzen, bewegt man sich auf dem Fahrrad. Statt sich über hunderte Stunden pro Jahr auf die Straße zu konzentrieren, uns sich über andere Verkehrsteilnehmer zu ärgern, kann man in Bus und Bahn seinen Gedanken freien Lauf lassen, ein Buch lesen und Pläne schmieden. Man spart sich also nicht nur Zeit, sondern gewinnt die Möglichkeit, die Zeiten, in denen wir uns von einem Ort zum anderen bewegen, sinnvoller zu nutzen. Ein Win-win-Situation, die man auf jeden Fall für sich nutzen sollte.