Gemeinsame Mahlzeiten mit Kindern wichtig?

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Mehr als 16 Prozent unserer Kinder sind übergewichtig. Ab dem 11. Lebensjahr sind es sogar 20 Prozent. Fast 9.000 Menschen werden jedes Jahr in deutschen Spitälern wegen Magersucht, oder Bulimie behandelt. Dazu kommt insgesamt eine Veränderung unserer Essgewohnheiten. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gibt im BMEL-Ernährungsreport 2021 an, dass etwa 52 Prozent der Deutschen fast täglich kochen. Gleichzeitig weist der Report auch aus, dass 7 Prozent nur einmal pro Woche selbst kochen. 3 Prozent seltener als jede Woche und stolze 8 Prozent kochen niemals selbst. Sieht man sich unseren Lebensstil an, dann ist das wenig verwunderlich. Ganztagsbetreuung für die Kinder in Kita, oder Schule und erwerbstätige Eltern sorgen dafür, dass in Familien Mittags niemand daheim ist. Nach einem harten Arbeitstag fällt es dann natürlich leichter, sich ein paar Snacks zu holen, oder entspannt vor dem Fernseher zu essen. Das klassische Familienessen scheint ein Auslaufmodell zu sein. Davor warnen allerdings zahlreiche Experten. Sind gemeinsame Mahlzeiten mit Kindern wichtig und welchen Grund gibt es dafür? Lohnt es sich, sich diese zusätzliche Aufgabe aufzubürden und allabendlich auch noch für die Familie zu kochen?

Erziehung

Es gibt ein großes Missverständnis im Zusammenhang mit Erziehung. Junge Eltern und Menschen ohne Kinder gehen davon aus, dass Erziehung eine bewusste Handlung ist. Man entscheidet sich, sein Kind so, oder so zu erziehen und setzt das um. Dabei läuft das komplett anders. Kinder lernen in erster Linie, oder sogar fast ausschließlich durch Nachahmen. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Angewohnheiten der Eltern werden an die Kinder weitergegeben. Das ist oft gut und richtig, führt aber auch dazu, dass sich Kinder die weniger tollen Verhaltensweisen abschauen. Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand. Möchte man, dass die Kinder bestimmte Verhaltensweisen lernen und sich nach einem bestimmten Schema benehmen, dann muss man selbst diese Verhaltensweisen vorleben. Wer seinen Kindern jeden Tag ausführlich die Ernährungspyramide erklärt und Gemüse und Obst, statt Süßigkeiten anbietet, selbst aber mit einer Packung Chips auf dem Sofa sitzt, wird sein Kind nicht erreichen. Das Idealbild ist nicht der Gemüseteller, sondern der salzige Snack, den Vater, oder Mutter schon so gerne gegessen haben.

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Auch wenn die Beilage noch so grün und ungewöhnlich ist, kosten Kinder sie lieber, wenn auch die Eltern sie mit Genuss essen

Gemeinsame Mahlzeiten

Die Rollenverteilung war in den Familien vor einer, oder zwei Generationen noch genauso anders, wie der Umgang miteinander. Das Fernsehprogramm war überschaubarer und die Medien beschränkten sich auf Fernsehen, Radio und Printmedien. Der Mensch war insgesamt mehr auf seine Mitmenschen fokussiert und hatte mit weniger Ablenkungen zu kämpfen. Die Mutter als klassische Hausfrau bereitete ein Abendessen vor, das von der ganzen Familie eingenommen wurde, wenn der Vater heimkam. Am Sonntag wurde das Essen besonders zelebriert. Ein hübsch gedeckter Tisch und ein mehr gängiges, eben nicht alltägliches Menü, waren das kulinarische Wochenhighlight. Es war normal bei diesen Essen miteinander zu sprechen, sich zu informieren und selbst Informationen weiterzugeben. Die gemeinsamen Essen waren ein wichtiger Fixpunkt für die Familie, der gerne von allen wahrgenommen wurde. Die meisten von uns kennen solche Familienmahlzeiten nur noch aus Fernsehserien. Dabei sind sich Experten sicher, dass gemeinsame Mahlzeiten mit Kindern wichtig sind.

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Gesunde Ernährung lernen Kinder auch dadurch, dass gemeinsame Mahlzeiten eingenommen werden

Gutes Benehmen

Wer mit durchschnittlichen Kindern in ein schickes Restaurant geht, bereut das meist nach kurzer Zeit. Die Kinder sind es in vielen Familien nicht mehr gewöhnt, längere Zeit an einem Tisch zu sitzen. Ihr Bewegungsdrang sorgt für Diskussionen und kann ein tolles Essen mit der Familie zunichtemachen. In den meisten Haushalten dient die Mahlzeit nur der Nahrungsaufnahme. Wie vieles andere, wird das Essen zu einer Nebensache. Man ist beschäftigt, möchte die neuesten Youtube-Shorts nicht verpassen, oder bei einem TikTok-Trend nicht dabei sein. Also holt man sich seinen Teller in der Küche ab und zieht sich zurück, um allein zu essen. Isst man doch bei Tisch, dann liegt nicht selten das Smartphone neben dem Essen. Will man den Kindern beibringen, mit Messer und Gabel korrekt umzugehen und so zu essen, dass man sich auch in der Öffentlichkeit dafür nicht zu schämen braucht, dann muss man das den Kindern vorleben. Tischmanieren lernen die Kinder am besten, bei einem gemeinsamen Essen. Hier wird außerdem auch der Grundstein für das Verhältnis zum Essen und damit für potenzielle Essstörungen gelegt. Essen die Eltern etwas, das das Kind noch nicht kennt, wird es die Speise eher probieren, als wenn man es mit dem Teller allein lässt.

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Der Topf in der Mitte des Tisches und Mutter, oder Vater verteilen das Essen. Ein Idealbild, das nicht nur erreichbar ist, sondern auch angestrebt werden sollte

Soziale Kontakte

Die Kinder lernen aber nicht nur von den Eltern, sondern auch voneinander. So profitieren die Kleinsten davon, dass sie sich den Umgang mit der Gabel bei den älteren Geschwistern abschauen kann. Durch die Gespräche am Tisch und die Tatsache, dass die ganze Familie sich einfindet, entsteht Geborgenheit. Es fällt auf, wenn mal jemand nicht dabei sein kann und sein Platz auf der Eckbank leer bleibt, weil ein Kind auf einer Schulveranstaltung ist. Von der einfachen zeiteffizienten Nahrungsaufnahme verändert sich das Essen zu einem sozialen Event. Alle Familienmitglieder schenken einander die ungeteilte Aufmerksamkeit und ihre Zeit. Die Kinder lernen, dass es mehr gibt, als digitale Medien und bauen soziale Kompetenzen auf. Es entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Durch die festen Essenszeiten erwerben die Kinder nicht nur die Kompetenz den Hunger zu regulieren und nicht jedem Impuls sofort in Form ungesunder Snacks nachzugeben. Gerade die Kleinsten erlernen damit ein Zeitgefühl und erleben eine Tagesstruktur, die ihnen hilft, sich zu orientieren.

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Der Sonntagsbraten war für unsere Großeltern fixer Bestandteil der Ernährung. Ein sozialer Event mit gemeinsamen Essen und viel Aufwand

Gesundes Essverhalten

Die Studienlage ist eindeutig. Lernen Kinder, dass es regelmäßige Essenszeiten und gemeinsame Familienessen gibt, beeinflusst das ihr späteres Essverhalten positiv. Auf ihrem Speiseplan findet sich häufiger Obst und Gemüse und das Risiko, übergewichtig zu werden, ist deutlich geringer. Auch sonst profitieren Kinder durchaus von den gemeinsamen Mahlzeiten. Ist die Stimmung am Tisch gut, dann regt das den Appetit an. Auch gesunde Nahrungsmittel werden in diesem Rahmen gerne gegessen. Der gedeckte Tisch sorgt für einen feierlichen Rahmen und bringt die Familie zusätzlich in eine gute Stimmung. Gestaltet man rund um das Essen noch mehr gemeinsame Aktivität, tut das den Kindern, aber auch den Eltern zusätzlich gut. Gemeinsames Kochen und das Abräumen der schmutzigen Teller kann ein Teil der gemeinsamen Mahlzeiten mit Kindern sein. So werden sie zusätzlich auch an Hausarbeit herangeführt und lernen wichtige Kompetenzen, die sie im späteren Leben brauchen werden. Also sind gemeinsame Mahlzeiten mit Kinder wichtig für die Entwicklung sozialer Kompetenz. Die Kinder entwickeln ein gesundes Verhältnis zum Essen, lernen sich bei Tisch zu benehmen und werden experimentierfreudiger. Kinder profitieren von den gemeinsamen Mahlzeiten also auf vielen Ebenen. Eine Chance, die man seinem Nachwuchs nicht verbauen sollte.